Der Wissenschaftsrat stellt Bestandsaufnahme zur Geschlechterforschung in Deutschland vor: Geschlechterperspektiven sollen stärker in Forschung und Lehre integriert werden
Der Wissenschaftsrat hat in einem Pressegespräch am 10. Juli die zentralen Ergebnisse seiner Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Geschlechterforschung in Deutschland vorgestellt. Das Expert*innengremium empfiehlt darin Geschlechterperspektiven stärker in Forschung und Lehre zu integrieren, insbesondere in Bereichen, in denen sie bisher kaum verankert sind.
Wolfgang Wick, Vorsitzender des Wissenschaftsrats, betonte die Bedeutung der Geschlechterforschung für das Selbstverständnis von Personen und Gesellschaften. Die Geschlechterforschung sei ein dynamisches und auch international zukunftsträchtiges Forschungsfeld mit großer Transferrelevanz, das sowohl der Wissenschaft als auch der Gesellschaft zugutekomme. Die Geschlechterforschung sieht sich regelmäßig Angriffen und Ideologievorwürfen ausgesetzt.
Margit Szöllösi-Janze, Professorin für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der LMU München und Vorsitzende der entsprechenden Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats, erörterte die Bestandaufnahme der Geschlechterforschung in Deutschland. Sie wies darauf hin, dass Geschlechterperspektiven in vielen geisteswissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen bereits etabliert seien. Allerdings bestehe in anderen Bereichen, wie den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Informatik und den Gesundheitswissenschaften, noch Nachholbedarf. Ein Artikel in der Fachzeitschrift „Forschung & Lehre“ mit dem Titel „Exzellent ohne Gender Studies in MINT?“ beleuchtet genau dieses Thema. Derzeit gibt es an deutschen Universitäten nur zwei unbefristete Professuren in Gender Studies in MINT: eine zu „Mathematik und Gender Studies“ an der Universität Hamburg sowie eine zu „Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften“ an der RWTH Aachen. Der Rat empfiehlt, Professuren mit Denominationen in Geschlechterforschung in Disziplinen und Bereichen dauerhaft auf- und auszubauen, in denen sie bisher kaum verankert sind.
Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg und Senatorin für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke, hob die Bedeutung der Empfehlungen hervor. Sie betonte, dass sie ein umfassendes Bild über den Stand der Geschlechterforschung an den einzelnen Standorten und Hochschulen liefern und den Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen fördern würden. Es sei wichtig, die Geschlechterforschung als Querschnittsthema anzuerkennen und entsprechende Sensibilisierung zu fördern.
Zur Pressemitteilung:
"Geschlechterforschung breiter verankern“